2016 - Kreisecke

Das schaffen wir!

Gerd Weimer, November 2016

Baden-Württemberg ist das wirtschaftsstärkste Bundesland und im Landkreis Tübingen herrscht aktuell nahezu Vollbeschäftigung. Wir können fast alles – außer Hochdeutsch – sowie das Schaffen von regulären Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung. Während die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit den Merkmalen „Migrationshintergrund“ und „Alleinerziehend“ deutlich zurückgegangen ist, steigen die Daten beim Merkmal „Schwerbehindert“ eher an! Inklusion und UN-Behindertenrechtskonvention wollen eigentlich, dass die Zahl der Werkstattbeschäftigten zurückgeht (raus aus der Sonderwelt). Das Gegenteil ist leider der Fall. Warum ist das so? Mehr als die Hälfte aller Unternehmen kauft sich „frei“ und zahlt lieber die Ausgleichsabgabe. Die Privatwirtschaft im Ländle ist von der 5 %-Quote weit entfernt und liegt bundesweit im Mittelfeld. Besonders blamabel sieht es bei den öffentlichen Arbeitgebern aus. Sie erfüllen zwar mit 5,8% die Quote, landen aber im Ländervergleich auf einem peinlichen 13. Platz! Bei solchen unglaublichen Defiziten sollte zumindest die Ausgleichsabgabe drastisch erhöht werden, wie das unlängst sogar der Bundesfinanzminister gefordert hat.

Was könnte unabhängig davon der Landkreis in eigener Zuständigkeit bewegen? Es ist gut, dass das Thema sowohl im Kreistag als auch in der Verwaltung angekommen ist. Das Landratsamt selbst wird seit langem von einer Integrationsfirma bewirtschaftet und Anfang des Jahres wurde eine spezielle Anlaufstelle (Projekt Arbeit & Inklusion) geschaffen. Im Juli fand ein spannender Fachtag mit Vorzeigeprojekten statt. Am 4.10. startete eine Delegation nach Vorarlberg, um zu erfahren, weshalb dort Schwerbehinderte deutlich bessere Chancen auf dem 1. Arbeitsmarkt haben. Die SPD möchte den Handlungsrahmen mit einer zusätzlichen Idee anreichern. Was spricht dagegen, dass der Landkreis selbst eine Integrationsfirma gründet, wie das u.a. der Hohenlohe-Kreis schon vor Jahren gemacht hat. Die Firma, in der Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam arbeiten, erhält ihre Aufträge in erster Linie von den Kommunen. Alles was mit Dienstleistungen im weitesten Sinn zu tun hat, wird von den Mitarbeitern erfolgreich erledigt. Die Firma ist deutlich mehr als ein Lückenbüßer bei Engpässen. Die „Mobil Hohenlohe GmbH“ hat deshalb 2016 den Innovationspreis des KVJS gewonnen. Tübingen sollte dieses Leuchtturmprojekt aufgreifen und damit auch bei uns den Menschen mit Behinderung bessere Chancen auf Teilhabe eröffnen.

 

Teilhabe ermöglichen!

Dr. Hans Rebmann, August 2016

Eine Umfrage der Landesarbeitsgemeinschaft der Angehörigenvertretungen hat bestätigt, was aus  Gesprächen offensichtlich war: bei der Personalbesetzung der stationären Heimbetreuung schwer geistig behinderter Menschen gibt es häufig Engpässe bzw. Lücken, die zu Inklusionshindernissen führen. Ansonsten herrscht überwiegend Zufriedenheit bei den Angehörigen. Die Heimbetreiber bestätigen die Lücken, viele sehen in zu geringer finanzieller Ausstattung die Erklärung, manche in einer hohen Personalfluktuation. Es ist dann zu fragen, woher letztere rührt. – Die Defizite haben die SPD-Fraktion zu einer Anfrage im Kreistag veranlasst, der über die Eingliederungshilfe bzw. das entsprechende Budget im Haushalt für eine sachgerechte Versorgung der behinderten Menschen im bzw. aus dem  Kreis Tübingen verantwortlich ist. Der Umsetzungsweg dieser  Verantwortung über den KVJS (Kommunalverband Jugend und Soziales)  und seine 44 Landkreise, die Vertragskommission und Verhandlungen mit den einzelnen Heimbetreibern macht das System schwer durchschau- und beeinflussbar. Die momentane Konsequenz für uns: wir bleiben am Ball, weil die Behindertenbetreuung einen hohen Stellenwert für die SPD hat.

Am 20.Juli hat der Kreistag einstimmig den Teilhabeplan für psychisch kranke Menschen  beschlossen. Die SPD-Fraktion war aktiv an der Erarbeitung beteiligt. Das Verfahren war offen und kooperativ, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Drei besonders zu beachtende Problemfelder ergeben sich aus unserer Sicht daraus: Im ambulant-betreuten Wohnen für diese Menschen besteht Mangel. Der Landkreis muss dies bei seinen Mietwohnungsbauplanungen berücksichtigen und diese Handlungsempfehlungen des Teilhabeplans besonders zügig angehen. Wir werden darauf achten. - Arbeitsplätze für psychisch kranke Menschen zu finden erfordert vielerlei Anstrengungen, unter anderem sollte das bestehende Anreizsystem für  Betriebe optimiert werden. Eine Aufforderung dazu haben wir an die SPD-Bundestagsfraktion gerichtet. – Im Rahmen medizinischer Behandlung anfallende Dolmetscherkosten verbleiben nach derzeitiger Regelung beim Patienten oder beim Behandler. Das halten wir für nicht sachgerecht. Eine Aufforderung an den Gemeinsamen Bundesausschuss zu einer besseren Lösung wollen wir über die Kommunale  Gesundheitskonferenz auf den Weg bringen.

 

Fehlstart der grün-schwarzen Landesregierung

Gerd Weimer, Juni 2016

Die grün-schwarze Landesregierung ist nicht gut in die neue Legislaturperiode gestartet und lässt auch für die Kommunalpolitik Schlimmes befürchten. Vor allem die unbegründete Auswechslung zweier verdienter Regierungspräsidenten schlägt in der Landespresse hohe Wellen. Schon die Überschriften in den unterschiedlichsten Zeitungen machen dies deutlich: „Grün-schwarze Gutsherrenart“, „Zeichen von Filz“, „Schäbig“, „Unbegründet“, „Schamlos bedient“, „Hauptsache versorgt“. Das ist nur eine Auswahl. Als 2011 die SPD in die Regierung eintrat, haben sich Grüne und SPD-Mitglieder, auch ich, für den Verbleib des leider verstorbenen CDU-Mitglieds Hermann Strampfer als Tübinger Regierungspräsident eingesetzt, weil er überparteilich und gewissenhaft seine Arbeit machte. Weshalb ein ebenfalls untadeliger, von seinen Mitarbeitern und den Kommunen überaus geschätzter Regierungspräsident Dr. Schmidt jetzt den Stuhl vor die Tür gestellt bekommt und grüne Würdenträger (Palmer, Lede Abal) dazu beredt schweigen: Die Antwort findet sich in den eingangs zitierten Presseüberschriften.

Auch sonst verheißt der grün-schwarze Auftakt nichts Gutes. Angesichts der anhaltenden Herausforderungen in der Flüchtlingsfrage ist die Abschaffung des Integrationsministeriums ein völlig falsches Signal. Richtig wäre gewesen, dieses grün-rote Vorzeigeprojekt, das zwischenzeitlich andere Bundesländer kopieren, zu stärken, auszubauen und in einem Haus die Kompetenzen zu bündeln. Zu diesem Thema passt auch, dass die bereits beschlossene Gesundheitskarte für Flüchtlinge von Grün-Schwarz leider wieder kassiert wird und Menschen, die gerade dem Krieg entkommen sind, weitere bürokratische Hemmnisse in den Weg gelegt werden.

Die wichtigen Themen soziale Gerechtigkeit, Armutsbekämpfung, Interessen von Arbeitnehmern und ihren Familien sind völlig unterbelichtet.

Insgesamt bleibt der Koalitionsvertrag höchst nebulös, er bietet wenig Konkretes und kaum etwas Neues. Einerseits werden teure Versprechungen gemacht, vier zusätzliche Staatssekretärsposten geschaffen, aber eine Gegenfinanzierung findet nicht statt. Das lässt bei Kommunalpolitikern die Alarmglocken schrillen. Werden die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und vor allem die Städte und Gemeinden die Zeche bezahlen?

Die SPD-Kreistagsfraktion schaut den kommenden Haushaltsberatungen mit Sorge entgegen.

 

Flüchtlingsaufnahme im Kreis Tübingen

Erika Braungardt-Friedrichs, April 2016

Viele der Kreisecken in den vergangenen Monaten hatten die großen Herausforderungen durch die hohe Zahl der Flüchtlinge zum Thema. Es sind zwar immer noch zigtausende Menschen auf der Flucht, sie kommen aber derzeit nicht mehr in Deutschland und damit auch nicht im Kreis Tübingen an. Flüchtlinge werden von uns fern gehalten, andere Länder wie die Türkei und Griechenland tragen die Hauptlast. Wir dürfen auch da nicht weg sehen, es gibt keinerlei Grund zur Zufriedenheit.

Die Politik, auch im Kreis Tübingen, ist mit dafür verantwortlich - nach der Sorge ums Dach überm Kopf und der Erstversorgung - , dass die große Zahl von jungen Zuwanderern in unserer Gesellschaft  ankommen und erfolgreich integriert werden kann.  Dabei müssen wir sie unterstützen. Ein erster kleiner Schritt in diese Richtung könnte sein, dass auch der Landkreis Tübingen eine Kampagne startet mit dem Ziel, den Bewerbungs- und Einstellungsanteil von jungen Leuten mit Migrationshintergrund auf mindestens 20 % zu steigern. Diese brauchen dafür gezielte Informationen und Werbung für die Berufsbilder in der Verwaltung und über die Möglichkeiten deutsche/r Beamtin/Beamter zu werden. Sie können wichtige Lotsen für die vielen sich noch fremd fühlenden  MitbürgerInnen werden. Die SPD-Fraktion wird im Kreistag den entsprechenden Antrag stellen.

Die derzeit entspanntere Situation in der Kreisverwaltung bietet auch die Möglichkeit, wieder andere Vorhaben zu thematisieren. Politikerinnen und Politiker müssen mit jungen Menschen ins Gespräch kommen. Die viel beschworene Politikverdrossenheit, aber auch die Möglichkeit, schon ab 16 Jahren zu wählen, veranlasst uns einen Antrag zu stellen, mit dem wir dem Beispiel des Landkreises Karlsruhe folgen: Landrat und VertreterInnen des Kreistags laden  OberstufenschülerInnen der Klassenstufe 12 der Beruflichen Schulen ein zum offenen Dialog über ihre Erwartungen an die Politik und konkret an die Kreispolitik .

Eine andere, zum oberen Antrag  passende  „Baustelle“ zur Förderung der Bürgerbeteiligung ist die Einrichtung einer regelmäßigen EinwohnerInnenfragestunde im Kreistag. Für Bürgerinnen und Bürger soll die demokratische Möglichkeit geschaffen werden, mit ihren Fragen zu Angelegenheiten des Kreises politisch mitzuwirken. Auch dazu wird  die SPD-Fraktion im Kreistag einen Antrag stellen.

 

Einkaufsmärkte und Regionalplan

Dr. Hans Rebmann, Januar 2016

Ein Teil der Kreisräte sind auch Regionalräte. Deswegen darf aus der Kreisecke auch einmal etwas Regionales schallen. – Was hat die SPD in der Regionalversammlung Neckar-Alb geritten, diesen Antrag zu stellen? Diese Frage haben sich manche Journalisten und Bürger gestellt, nachdem wir wegen der beabsichtigten Ansiedlung weiterer Einzelhandelsmärkte im Sinn einer Agglomeration ein „Planungsgebot“ gegenüber Dotternhausen beantragt hatten . Die Antwort lautet eindeutig „Vollzug geltenden Rechts“. Der Antrag wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen.

 Die SPD setzt sich damit für die konsequente Umsetzung des  „Zentren- und Märkte-Konzeptes“ des Regionalplans ein, es geht nicht um eine willkürliche Gängelung von Gemeinden. Das Zentren- und Märkte-Konzept wurde -begrüßt vom Einzelhandelsverband und der Industrie- und Handelskammer-   2011 beschlossen, 2013 der neue Regionalplan, der dieses Konzept beinhaltet, rechtskräftig ist er seit April 2015. Das Zentren- und Märkte-Konzept fördert die lokale Grundversorgung der Gemeinden. Das Verkaufsangebot soll in etwa der Kaufkraft des Ortes entsprechen. Geregelt wird lediglich der „großflächige Einzelhandel“, d.h. mit mehr als 799m²  Verkaufsfläche für zentrenrelevante Waren, entweder als Einzelgeschäft oder als Ansammlung mehrerer Geschäfte (=Agglomeration). Diese Großflächen sollen primär den urbanen Zentren bzw. Vorranggebieten vorbehalten bleiben, um diese so zu stärken und gegen unkontrollierten Wildwuchs an beliebiger Stelle zu schützen. Mit eigenen, rechtlich abgesicherten Einzelhandelskonzepten können Kommunen in Abstimmung mit dem Regionalverband  spezielle Situationen regeln, auch interkommunal. So soll  das Konzept der traditionellen europäischen Stadt in der Doppelfunktion als Handels- und Kommunikationsplatz unterstützt werden.

Kommunen, deren bestehende Bebauungspläne dem Regionalplan zuwiderlaufen, wie z.B. Ofterdingen, sind laut Landesplanungsgesetz verpflichtet, eine Anpassung an die Ziele vorzunehmen. Sie werden vom Regionalverband auch darauf hingewiesen. Unterbleibt die Anpassung, bleibt nur das Planungsgebot, das so gesehen kein Eingriff in eine Planungshoheit ist, da der Regionalplan definitionsgemäß Vorrang hat. Selbstverständlich kann eine Gemeinde dagegen Rechtsmittel einlegen. Warten wir also in Ruhe die Gerichtsentscheidung ab. – Ob das Zentren-und Märkte-Konzept im Einzelfall das gesteckte Ziel erreicht, kann nur die Praxis zeigen.

 

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